Wirtschaftsziele der Waldeckischen Domanialverwaltung für den Forstbetrieb und Teil­ziele einer ökologisch orientierten naturnahen Waldbewirtschaftung im Domanialwald

Foto: Arbeit im Forst (Bild: Marc Kilian)
Arbeit im Forst (Bild: Marc Kilian)

Leitziel der Waldbewirtschaftung durch die Waldeckische Domanialverwaltung ist die Ausrichtung auf eine multifunktionale und dabei ökologisch orientierte naturnahe Forstwirtschaft. Dazu gehören vor allen Dingen die Waldverjüngung durch Natur­ver­jüngung, Vermeidung von Kahlschlägen sowie der weitgehende Verzicht auf Biozid­einsatz. Dabei soll ein den Herausforderungen des Klimawandels gewachsener, standortangepasster, langfristig stabiler arten- und strukturreicher Mischwald entstehen. Dieser soll wertvolles Holz unter Beachtung des ökonomischen Prinzips erzeugen, das optimierend vermarktet werden soll, um die Volkswirtschaft möglichst nachfrageorientiert zu versorgen und Ertrag zur Erfüllung der Aufgaben des Domanialvermögens zu erwirtschaften.

Die Holzproduktion im Domanialwald ist nach den PEFC-Richtlinien (siehe Website des Programme for the Endorsement of Forest Certification Schemes) zertifiziert. Gefördert werden Natur­verjüngungs­verfahren und ein standortgemäßer, nach Baumarten und Altersstufen kleinflächig oder einzelstammweise gemischter Wald. Die Pflegeeingriffe in den Beständen sind an der Wertzuwachsentwicklung bestimmter markierter Einzelbäume orientiert. Bei der Holzernte mit möglichst zielstärkenorientierter Einzelstammentnahme wird der Vermeidung von Bestands- und Bodenschäden besondere Bedeutung beigemessen, ebenso der Entwicklung standortangepasster Waldränder. Die Ziele der Waldbewirtschaftung dienen der Stabilisierung des Ökosystems Wald und tragen damit zur Sicherung seiner Schutzfunktion für Wasser, Boden und Klima bei.

Im Zusammenhang damit stehen vielfältige Maßnahmen zur Verbesserung von Arten- und Biotopschutz. In unseren Wäldern leben zum Beispiel seltene Arten wie der Schwarzstorch, Raufußkauz oder die Korallenwurz (eine vom Aussterben bedrohte Orchideenart). Auf Flächen der Domanialverwaltung befinden sich 35 Naturdenkmale, fünf Naturschutzgebiete mit einer Größe von 195 ha. Die drei Vogelschutzgebiete im Bereich der Vorsperre des Twistesees, des hessischen Rothaargebirges und des Kellerwalds umfassen rd. 3.827 ha. Auf 1.445 ha Domanialflächen sind 13 FFH-Gebiete (Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie der EU) ausgewiesen. Die FFH-Richtlinie hat zum Ziel, wildlebende Arten, deren Lebensräume und die europaweite Vernetzung dieser Lebensräume („Natura 2000“) zu schützen. Bei Eingriffen muss eine Verträglichkeitsprüfung durchgeführt werden. Es gilt ein Verschlechterungsverbot.

Naturdenkmale und Naturschutzgebiete werden durch unsere Waldarbeiter gepflegt. Für naturschutzrechtlich anerkannte Kompensationsmaßnahmen kann die Domanialverwaltung Flächen oder Ökopunkte zur Verfügung stellen. Außerdem wird zum Erhalt der Artenvielfalt und zur Unterstützung der Imkerei auf laufende Gestattungsentgelte für das Aufstellen von Bienenkästen auf Domanialflächen verzichtet.

Foto: Wild, Bildquelle: Günter Steiner

Im Rahmen der Maßnahme Prozessschutz im Wald – Naturschutzgroßprojekt Kellerwald wurden mit dem Zweckverband Naturpark Kellerwald-Edersee Verträge über die „Steilhänge nördlich des Edersees“ und den „Hohen Keller“ abgeschlossen. Insgesamt 3.780 ha Domanialwald gehören zum Naturpark Kellerwald-Edersee. Darüber hinaus werden in sogenannten Altholzinseln Lebensräume und Trittsteinbiotope für an Alt- und Totholz gebundene Arten, wie etwa den Schwarzspecht oder den Eremit, erhalten. Diese Altholzinseln werden langfristig aus der Bewirtschaftung herausgenommen.

Foto: Hochsitz im Wald, Bildquelle: Günter Steiner

Auch die Jagd hat eine entscheidende Bedeutung bei der Bewirtschaftung der Wälder der Domanialverwaltung. Vorkommende Schalenwildarten sind Rot-, Schwarz-, Reh- und Muffelwild. Die Schaffung und Erhaltung eines an die landeskulturellen Ziele angepassten gesunden Wildbestandes ist ein wichtiger Schlüssel für eine naturnahe Waldbewirtschaftung und die Vermeidung von Wildschäden in der Landwirtschaft. Die Jäger, die die Flächen in Form von Pachtjagden, Regiejagden oder Pirschbezirken nutzen, tragen eine große Verantwortung für den Wald. Außerdem produzieren sie ein regionales, nachhaltiges und hochwertiges Lebensmittel in Form von Wildfleisch.

Die Wälder der Waldeckischen Domanialverwaltung leisten also einen vielfältigen Beitrag für die Region. Nicht zuletzt ist die Erholungswirkung des Waldes und der prägende Einfluss auf das Landschaftsbild zu beachten, die maßgeblich zur Attraktivität der Region für Urlauber und Naturnutzer beitragen.

Zu Beginn des Jahres 2018 sorgte der Orkan „Friederike“ am 18. Januar für erhebliche Windwurfschäden nicht nur im Domanialwald, sondern in weiten Teilen Mitteleuropas. Durch den Umfang der Schäden kam es zu Kapazitätsengpässen bei Aufarbeitung und Transport. Daher lagerten im Frühjahr noch große Windwurfmengen im Wald, die durch die einsetzende Trockenheit schneller als erwartet entwertet und von rindenbrütenden Borkenkäfern besiedelt wurden. Auf den Sommer mit Rekordtemperaturen und extremer Dürre sowie einen milden Winter folgte mit 2019 ein zweites extrem trockenes Jahr. Es kam zur Massenausbreitung der Borkenkäfer in den Nadelholzbeständen. Die Entnahme befallener Bäume konnte mit der schnellen Ausbreitung der Insekten nicht mithalten. Die Aufnahmefähigkeit der Holzmärkte stieß an Grenzen und sorgte für einschneidende Preiseinbrüche. Parallel zum Massenbefall mit Borkenkäfern in einem bisher nie dagewesenen Ausmaß bei der Fichte waren auch bei den Buchen immer umfangreichere Ausfälle durch Trocknis oder Buchenkomplexerkrankung zu beobachten. Nach weiteren Stürmen wie „Eberhard“ oder zuletzt „Sabine“ muss man 2020 einen enormen Substanzverlust des Domanialwaldes durch die Abfolge der Naturereignisse im Zuge des fortschreitenden Klimawandels konstatieren. In den nächsten Jahren bedarf es großer Kraftanstrengungen, um die gesetzlich geforderte Wiederaufforstung der Kalamitätsflächen mit klimastabileren Mischwaldstrukturen zu erreichen. Dies bedeutet, in den nächsten Jahren werden die Aufwendungen für die Wiederbewaldung erheblich steigen, zusätzlich erhöhen sich durch absterbende Bäume entlang von Straßen und Wegen die Kosten für die Gewährleistung der Verkehrssicherungspflicht. Gleichzeitig geht der Ertrag aus dem Holzverkauf durch die gravierenden Bestandsverluste und entsprechend abgesenkte Hiebssätze erheblich zurück, sodass über Jahre ein defizitärer Forstbetrieb zu erwarten ist.